Zum Ende des Winternotprogramms in Hamburg am 31. März meldet sich die Diakonie zu Wort: „Menschen werden jetzt sehenden Auges in die Obdachlosigkeit geschickt“, sagt Wohnungslosenexpertin Stefanie Koch. Die ohnehin bestehende Unterversorgung mit öffentlich-rechtlichen Unterbringungsplätzen würde sich nun noch drastisch verschärfen.
Eine Bürgerschaftsanfrage hatte bereits Mitte Februar ergeben, dass über 1800 Menschen bei den Fachstellen für Wohnungsnotfälle seit mehreren Monaten auf eine öffentlich-rechtliche Unterbringung warten. „Wenn das Winternotprogramm heute endet, könnten noch bis zu 560 Nutzende hinzukommen“, so Koch. Man müsse also davon ausgehen, dass ab April über 2000 Menschen in Hamburg einen Anspruch auf öffentlich-rechtliche Unterbringung haben werden, der aber nicht bedient werden kann. „Alle Bemühungen müssen sich jetzt darauf konzentrieren, Wohnraum zur Verfügung zu stellen“, fordert sie deshalb.
Die gegenwärtige Situation stelle nicht nur eine soziale Herausforderung, sondern auch ein wirtschaftliches Problem dar. „Jede Wohnung für wohnungslose Menschen hilft, weitere Plätze in der öffentlich-rechtlichen Unterbringung einzusparen. Das gibt den Menschen eine Perspektive und rechnet sich auch wirtschaftlich“, sagt die Wohnungslosenexpertin. Die SAGA müsse mehr Wohnraum für wohnungs- und obdachlose Menschen zur Verfügung stellen und helfen, die hohen Kosten durch die öffentlich-rechtliche Unterkunft zu reduzieren.
Insgesamt bedarf es in Hamburg klarer und überprüfbarer Zielsetzungen:
- Erhöhung der Versorgungsverpflichtung der SAGA für vordringlich Wohnungssuchende
- Neubau von Wohnungen mit Sozialbindung, insbesondere für Haushalte mit Dringlichkeitsbestätigung (WA-Bindungen)
- Abschaffung der Freistellungsgebiete
- Stärkung der bezirklichen Fachstellen für Wohnungsnotfälle und der sozialen Beratungsstellen
- Ausreichend Plätze für Menschen mit Gewalterfahrungen und Alleinstehende mit Kindern in der öffentlich-rechtlichen Unterbringung
Die Politik muss umgehend notwendige Schritte einleiten, um die Wohnungsnot in Hamburg zu bekämpfen. „Unterkünfte sind eine vorübergehende Notlösung und wer auf der Straße lebt, riskiert sein Leben. Die Achtung von Menschenwürde hängt auch mit der Bereitstellung von Wohnraum zusammen. Dieser ist durch nichts zu ersetzen“, so Stefanie Koch von der Diakonie.
Hintergrund:
- Die Diakonie fordert einen Hamburger Aktionsplan gegen Obdach- und Wohnungslosigkeit, um dem Ziel, diese bis 2030 abzuschaffen, näher zu kommen. Und sie arbeitet selbst an Lösungen: Im Neubauprojekt Diakonie-Haus Münzviertel, das bis 2026 Wohnraum für 31 wohnungslose Menschen schafft. Oder mit dem Projekt Housing First Hamburg, das obdachlosen Menschen Wohnraum vermittelt.