Im August hat sich die Arbeitsgruppe zu einem digitalen Gespräch mit Jörg Stoffregen getroffen. Diakon Jörg Stoffregen ist Referent im Netzwerk Kirche inklusiv der ev.luth. Nordkirche. Das Netzwerk will Prozesse anregen wie Kirche zu einem guten Ort mit einem gleichberechtigten Miteinander für alle Menschen werden kann. Das Netzwerk bietet individuelle Beratungen, Prozessbegleitungen vor Ort, Netzwerktreffen und Materialien wie z.B. eine Fragenbox an.
Herr Stoffregen führt vier Aspekte aus, die nach seinen Erfahrungen Zugänge in die Jugendarbeit erschweren: Junge Menschen sind in der Regel immer auch Schüler*innen und das Vergleichen von schulischen Leistungen junger Menschen und daraus folgenden Bewertungen sind noch immer ein konstituierendes Merkmal von Schule. Junge Menschen mit Behinderungen können hier vielfach „nicht mithalten“. Sie sind immer noch häufig von Ausgrenzung und Separierung betroffen. Diese negativen Erfahrungen werden in die Jugendarbeit transferiert. Auch Fachkräfte in der Jugendarbeit sind beeinflusst von schulischen Erfahrungen zur Teilhabe von jungen Menschen mit Behinderungen. So wichtig Schulkooperationen sind, sind diese Aspekte die einen Zugang in die Jugendarbeit erschweren können, dringend mit zu reflektieren. Als weiterer Aspekt wird benannt, dass Menschen Zugehörigkeit und Sicherheit am ehesten in „ihrer Gruppe“ suchen. Das gilt auch für Eltern mit Kindern mit Behinderungen. Als vierter Aspekt wird schließlich auf die in Teilen immer noch bestehende schwierige räumliche Situation von Jugendeinrichtungen verwiesen. Jugendarbeit in Kellerräumen oder Dachböden sind in der Regel nicht barrierefrei, haben einen schlechten Lichteinfall etc.
„Inklusion kann nicht verordnet, sondern muss erfahren werden“ und durch ein Netzwerk oder eine Arbeitsgruppe im Entwicklungsprozess unterstützt werden. Es geht um Bewusstseinsbildung und dieses ist ein längerer Prozess. Netzwerke oder Arbeitsgruppen helfen, um Übergänge zwischen verschiedenen Arbeitsfeldern zu gestalten und inklusive Strukturen zu organisieren. Inklusion muss umfassend ansetzen. Es sollten gemischte Kooperationen vor Ort gesucht und zielorientiert gearbeitet werden. Inklusion darf teilweise nicht gelebt werden z.B. Mitarbeiter*innen werden zu bestimmten Treffen nicht gelassen, Hierarchien nicht aufgebrochen. Dadurch kommen Menschen nicht in die Verlegenheit Fehler zu machen, obwohl es für Inklusion keine Blaupause gibt. „Inklusion ist Versuch und Irrtum“.
Die zentrale Frage lautet: Wie können wir das was diskutiert wurde, für die Arbeit vor Ort nutzbar machen? Es gibt nach Ansicht von Herrn Stoffregen kein Erkenntnisproblem, sondern ein Handlungsproblem. Er ermutigt dazu klein anzufangen, mit einem ersten Projekt. Dort können Erfahrungen gemacht werden, die dann für die weitere Arbeit wieder nutzbar sind. Temporär und Projektorientiert mit (Förder-) Schulen kooperieren und zu prüfen, ob ein Ansatz über Freizeit hinaus geeignet sein kann, um erste Zugänge zu öffnen. Die besten inklusiven Angebote sind die wo Menschen etwas gemeinsam miteinander tun z.B. Begegnungs- und Mitmachgarten, Kochen, Fahrradwerkstatt. Dieses eröffnet einen Zugang über Herz & Hand und nicht nur über den Kopf. Es braucht Begegnungsräume, die Menschen, die in ihrer Art verschiedenen sind, Erfahrungen miteinander machen lässt.