Wer nach gelungenen Beispielen für kreative Personalgewinnung in der Pflege sucht, kommt an Marc Raschke nicht mehr vorbei. Der vielfach ausgezeichnete Leiter der Unternehmenskommunikation des Klinikums Dortmund ist für seine Macher-Qualitäten und seine Innovationsfreude bekannt. Ob mit einer Kampagne, die Mitarbeitende als Models einer Parfümmarke inszeniert oder mit raffinierter Social-Media-Kommunikation – der Influencer Raschke ist seinen Mitbewerbern immer einen Schritt voraus.
Im Zuge der Vorbereitung auf unseren digitalen Fachtag hatten wir die Möglichkeit, Marc Raschke ein paar Fragen stellen:
Herr Raschke, wo sehen Sie aktuell die größten Herausforderungen in der Personalgewinnung für die Pflege und worauf müssen wir uns in Zukunft gefasst machen?
Corona legt frei, woran es in der Pflege hakt: Zu wenige Pflegekräfte müssen immer mehr Patienten mit zu wenig Ressourcen versorgen. Dabei sind natürlich Medienberichte über Corona im Krankenhaus keine große Stütze beim Imageaufbau von Pflege. Aber selbst nach Corona wird die Lage angespannt bleiben: Der demographische Wandel samt der „Babyboomer“, die sich bald in die Rente verabschieden, ist in meinen Augen die eigentliche Personal-Herausforderung im Gesundheitssystem. So schnell werden wir mit Automatisierung & Co. gar nicht hinterherkommen, wie Pflegekräfte in den Ruhestand gehen werden. Deshalb genau jetzt was tun! – Tja, und dann sitzen viele Menschen auf den Geschäftsführungsposten, die von (Personal)Marketing leider keine Ahnung haben. Das wird sich meiner Meinung nach nur marginal ändern, denn – so meine Beobachtung – solche Menschen ziehen ihren eigenen beruflichen Nachwuchs nach gleichem Muster heran.
Was zeichnet für Sie gutes Personalmarketing aus und was braucht man dafür?
Auf jeden Fall ist ein authentisches Abbild von Pflege wichtig. Pflegekräfte sind keine Helden, wie viele Kampagnen in Deutschland immer vermitteln wollen, denn Helden sind Einzelkämpfer. Personalmarketing für Pflege ist auch kein Hochglanz und schon gar kein Imagefilm. Gutes Personalmarketing ist unfertig, echt, transparent, direkt, von der Zielgruppe her gedacht (und nicht vom Stationsteam), humorvoll, aber nicht peinlich und eher taktisch als strategisch. Entsprechend braucht es da in vielen Häusern noch einen echten Sinneswandel.
Welche drei Tipps können Sie Kolleg*innen aus der Sozialwirtschaft für ein erfolgreiches Recruiting mitgeben?
Macht es bitte als Pflegekräfte nicht allein; man muss es so hart sagen: 90 Prozent der Eigenversuche von Pflegekräften in Sachen Personalmarketing sind zum Fremdschämen. Wenn Geschäftsführungen von Pflegekräften auch noch Personalmarketing verlangen, dann ist gewiss: Die GF will daraus eine Sparlösung machen. Auch Agenturen an Bord zu holen, muss es nicht besser machen; gefühlt 95 Prozent der Agenturen verstehen die Sozialwirtschaft nicht. Zudem sollten wir bei Recruiting nicht in Kampagnen denken, Recruiting ist Marathon, kein Sprint. Und: Macht etwas, das zu Eurer Kultur/Eurem Haus passt. Verbiegt euch nicht.
Vielen Dank für Ihre Zeit!