Als enttäuschend und völlig falsches wohnungspolitisches Signal bewertet das Bündnis für eine neue soziale Wohnungspolitik die jetzt vom Senat beschlossene weitgehende Verlängerung der Freistellungsgebiete. Landespastor Dirk Ahrens, Vorstandsvorsitzender Diakonie Hamburg: „Seit 10 Jahren steigt die Zahl der Menschen, die als sogenannte unversorgte vordringlich wohnungssuchende Haushalte dringend eine Wohnung benötigen, nahezu kontinuierlich an. Die bisherigen Maßnahmen haben diesen Trend nicht stoppen oder gar umkehren können. Daher ist es nicht nachzuvollziehen, warum der rot-grüne Senat mit der Fortschreibung der Freistellungsgebiete freiwillig auf das schnellste, einfachste und kostengünstigste Instrument zur Verbesserung der Wohnraumversorgung für diese Gruppe einfach verzichtet. Für Menschen, die trotz Dringlichkeitsschein teilweise jahrelang auf eine Wohnung warten, ist das eine falsche und ganz bittere Entscheidung.“
In Freistellungsgebieten sind Wohnungsbaugesellschaften und Eigentümer von der Pflicht befreit, ihre staatlich finanzierten Wohnungen auch tatsächlich an bedürftige Menschen zu vermieten. Nach Schätzung des Bündnisses für eine neue soziale Wohnungspolitik würden bei einer Aufhebung der Freistellungsgebiete mindestens 300 Wohnungen pro Jahr zusätzlich für vordringlich wohnungssuchende Menschen zur Verfügung stehen. Dirk Ahrens: „Die Wohnungen sind ja genau für diesen Zweck gebaut und mit Steuermitteln subventioniert worden, wurden aber im Zuge der Freistellung an besser gestellte Haushalte vergeben. Jetzt – nach teilweise 40 Jahren – müssten die Wohnungen bei Neuvermietungen wieder denen zur Verfügung gestellt werden, für die sie gedacht waren.“
Hintergrund
Die 2016 von der Stadt selbst gesteckte Zielzahl von 300 neuen sozial geförderten Wohnungen für vordringlich Wohnungssuchende („WA-gebundene Wohnungen“) pro Jahr ist das bisher erste und einzige Mal 2020 erreicht worden. Von den zugesagten 1.200 neuen Wohnungen von 2016 bis 2020 sind Ende 2020 lediglich 462 erstellt worden. Über 13.000 Haushalte sind in Hamburg trotz Dringlichkeitsschein unversorgt: Dabei handelt es sich etwa um Frauen in Frauenhäusern, Rollstuhlfahrer*innen, die eine barrierefreie Wohnung brauchen, große Familien, Menschen mit Beeinträchtigungen, die aus Einrichtungen in die eigene Häuslichkeit wollen, oder Jugendliche, die aus betreuten Wohnformen herausgewachsen sind.
Das Bündnis für eine neue soziale Wohnungspolitik ist ein Zusammenschluss von Diakonischem Werk Hamburg, Caritas, STATTBAU Hamburg und Mieter helfen Mietern. Das Bündnis setzt sich seit 2016 für eine bessere Versorgung vordringlich wohnungssuchender Menschen ein.